Die Weinlese ist für den Winzer naturgemäß die schönste Zeit des Jahres: An den Stöcken, die das ganze Jahr über gehegt und gepflegt wurden, hängt deutlich sichtbar (und schmeckbar!) der Lohn der Mühe: Die reifen Trauben, aus denen wir unsere Weine keltern.
Die Trauben sind keineswegs alle gleichzeitig reif. Je nach Rebsorte, aber auch nach Lage, fällt der richtige Erntezeitpunkt anders aus.
Darüber hinaus ist je nach gewünschtem Ergebnis ein entsprechender Reifegrad gefragt – eine Beerenauslese muss deutlich länger am Stock reifen als ein QbA für alle Tage.
Ab etwa Ende August, Anfang September sind die frühreifenden Traubensorten essreif, d.h. sie haben genügend Süße gebildet, um – frisch vom Stock verzehrt – angenehm süß zu schmecken.
Für die Weinbereitung brauchen wir jedoch noch deutlich höhere Reifegrade, damit die Weine einerseits die nötige geschmackliche Dichte erreichen und andererseits keine zu hohen Säurewerte haben.
Die spätreifenden Sorten erreichen ihre Essreife meist erst gegen Ende September. Der richtige Zeitpunkt für die Lese liegt je nach gewünschter Qualität einige Wochen später.
Ab dem Zeitpunkt der Essreife messen wir regelmäßig die Reifefortschritte, nicht nur per Geschmackssinn – eine der besten und leckersten Aufgaben im Weinjahr! –, sondern vor allem mit dem Refraktometer
Das Refraktometer ist ein optisches Messgerät, das anhand der Lichtbrechung des Traubensaftes dessen Reife in Grad Oechsle anzeigt.
Dazu wird ein wenig Saft auf die Messplatte des Refraktometers geträufelt. Im Gegenlicht wird der Oechslegrad an einer Skala abgelesen.
Bei ruhigem, sonnigem Herbstwetter mit milden Temperaturen assimilieren die Reben quasi jeden einzelnen Sonnenstrahl. Sie bilden täglich mehr Zucker und Extrakt und damit höhere Oechslegrade und bauen parallel dazu immer mehr der in den Beeren enthaltenen Fruchtsäuren ab.
In unserem kleinen Video sehen Sie den Traubenvollernter bei der Arbeit. Wir haben den kleinen Film bei Ernte des Dunkelfelders, einer besonders farbintensiven Rotweinsorte, gedreht.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen haben wir das Video nicht auf unserer Webseite eingebunden. Bitte klicken Sie auf die nachstehende Vorschau, um das Video auf Youtube anzusehen:
Das Prinzip der Maschinenlese beruht darauf, die reifen (!) Beeren von den Stöcken abzuschütteln, indem die Rebzeile in Schwingung versetzt wird.
Nicht ausgereifte, unterentwickelte oder spätverblühte Beeren sowie die hölzernen Stiele der Trauben (“Rappen”) bleiben an den Stöcken hängen.
Zwei Förderbänder am Fuß der Lesemaschine laufen rechts und links der Zeile, um die fallenden Beeren aufzufangen.
Während ein starkes Gebläse abfallendes Laub wegpustet, werden die Beeren in den “Bunker” der Lesemaschine transportiert. Sobald dieser voll ist, wird er auf die bereitstehende Rolle ausgeleert.
Eine Rebzeile ist etwa 2 bis 2,50 m hoch; die Lesemaschine fährt rittlings darüber. Der Fahrer des Traubenvollernters sitzt während der Arbeit in luftiger Höhe mittig über der Rebzeile. Der transparente Boden des Cockpits und eine umfangreiche Bildschirmüberwachung ermöglichen ihm praktisch zentimetergenaue Steuerung seines Geräts.
Die Lesemaschine ist trotz ihrer enormen Größe erstaunlich wendig und verfügt über umfangreiche hydraulische Verstellmöglichkeiten. Ihre vier “Beine” können in unterschiedlichen Höhen eingestellt und den Geländegegebenheiten so angepasst werden, dass sie auch am Hang quer zur dessen Neigung eingesetzt werden kann.
Die klassische Form der Weinlese findet auch heute noch statt: Bei der Verjus-Lese, wo unreife Beeren geerntet werden müssen, oder in Lagen, die für den Traubenvollernter zu steil sind, ist die Handlese der einzige Ernteweg.
Mit Traubenscheren und Eimern bewaffnet ziehen die Erntehelfer los. Oftmals ist es in den frühen Morgenstunden noch kühl und feucht – Gummistiefel und eine strapazierfähige Jacke sind die richtige Ausrüstung.
Die Handlese ist ein anstrengendes Geschäft, denn selbst in unseren hochgezogenen Weitraumanlagen liegt die Traubenzone so tief, dass stetiges Bücken vonnöten ist. Viele Leser tragen deshalb gerne eine hölzerne Weinkiste als Hocker mit sich.
Mit der spitzen, scharf geschliffenen Schere werden die “Hengel” (umgangssprachlich für “Trauben”) einzeln abgeschnitten und in einen Eimer gelegt. Die typischen grünen Traubenleseeimer sind traditionell extra breit und fassen etwa 15 Liter.
Die vollen Eimer wurden früher in die “Butt” ausgeleert; ein hohes Gefäß, das der “Buttenträger” auf dem Rücken trug. Er war ständig zwischen den Lesern und der “Rolle”, dem Anhänger, auf dem die Trauben heimgefahren werden, hin und her unterwegs: Eimer ausleeren in die Butt, die Butt ausleeren auf die Rolle und wieder zurück – vor allem in hängigem Gelände eine anstrengende Tätigkeit.
Wir setzen statt des Buttenträgers einen Traubentransporter am Traktor ein, der zumindest eine kleine Arbeitserleichterung bringt.
Egal, ob mit der Hand oder mit der Maschine gelesen, werden die Trauben auf der Rolle nach Hause gefahren. Zu diesem Zweck sind die Rollen mit Planen ausgestattet, die nicht nur blitzend sauber geschrubbt werden können, sondern auch verhindern, dass auf dem Heimweg Saft verlorengeht.
Im Weingut angelangt, werden die Trauben von der Rolle in die Traubenwanne, einen großen Trichter, abgekippt, von wo sie mit einer Schnecke in die Maischemühle transportiert werden. Stellen Sie sich die Konstruktion wie einen überdimensionierten Fleischwolf vor, in den oben die Trauben hineinfallen und unten die Maische herauskommt.
Die Maische wird anschließend durch dicke Schläuche in große Maischetanks gepumpt, wo sie – je nach Rebsorte – eventuelle einige Stunden steht. Dieses “Ziehen lassen” fördert die Saftbildung und löst Aromastoffe aus der Schale. Rotweinmaische wird in diesen Tanks leicht erwärmt, um die Farbstoffe aus der Beerenschale auszulösen.
Aus den Maischetanks wird die Kelter “aufgeschüttet”. Der Saft wird mit geringem Druck ausgepresst, um die Traubenkerne, die bei manchen Rebsorten sehr dick sind, nicht zu verletzen. Würde mit zu hohem Druck gekeltert, kämen aus den Kernen unerwünschte Bitterstoffe in den Most.
Bevor der frisch gekelterte Most in den Gärtank gepumpt wird, wird er mit einem aufwendigen Filterverfahren von allen Trubstoffen befreit: die Flotationsanlage trennt alle festen Partikel ab, und der glasklare, saubere Saft wird zur Gärung eingelagert.
Nach dem Keltern bleiben die festen Bestandteile der Trauben, bestehend aus Schalen und Kernen, zurück, der sogenannte Trester. Wir bringen ihn in den Weinbergen wieder aus, wo er als wertvoller Kompost wieder in den natürlichen Kreislauf gebracht wird.